Die Reformation war ein epochales Ereignis. Sie veränderte die gesellschaftliche und staatliche Entwicklung hierzulande dauerhaft. Der Mann, mit dem diese Entwicklung eng verbunden ist, Martin Luther, war vor allem eines: unbequem. Seine Thesen gegen den Ablasshandel 1517 und sein Widerstehen auf dem Wormser Reichstag 1521 stellten die traditionellen Autoritäten in Frage. Ihnen setzte er die Gewissensfreiheit und Urteilskraft des Einzelnen entgegen. Die Bildung breiter Schichten bekam infolge der Reformation einen höheren Stellenwert - eine wichtige Voraussetzung für den mündigen Bürger unserer Tage und ein gewaltiger Schub für die Entwicklung von Wissenschaft und Kunst. Durch seine Übersetzung der Bibel in eine volksnahe und allgemein verständliche deutsche Fassung ermöglichte Luther den Menschen Zugang zum Wort und damit zu Information, Verständigung und Teilhabe; nicht zuletzt beförderte er damit auch die Herausbildung einer einheitlichen deutschen Sprache.
Mit Blick auf die enorme gesellschaftliche Prägekraft der Reformation engagieren sich Bund und Länder im Rahmen des 500. Reformationsjubiläums. Eine Vielzahl bundesgeförderter Veranstaltungen im Reformationsjahr wird die gesellschaftlichen und kulturellen Auswirkungen der Reformation veranschaulichen, Entwicklungslinien offenlegen und der Relevanz für die heutige Zeit nachspüren. Dabei ragen die drei Nationalen Sonderausstellungen der Stiftung Deutsches Historisches Museum in Berlin, der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt in Wittenberg und der Wartburg-Stiftung Eisenach besonders heraus. Sie betrachten das Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln und halten dabei Neues, auch Überraschendes bereit.
Im Fokus der Schau auf der Wartburg stehen „Luther und die Deutschen“. Dieses durchaus nicht einfache Verhältnis war häufig vom Geist der jeweiligen Epoche geprägt, auch von Versuchen, den Reformator zu instrumentalisieren. Dagegen eröffnet die Wittenberger Doppelausstellung „Luther! 95 Schätze – 95 Menschen“ individuelle Zugänge zu Martin Luther und vermittelt ein Bild des Menschen Luther und seiner Lebenswelt. Die Ausstellung „Der Luthereffekt. 500 Jahre Protestantismus in der Welt“ im Berliner Gropius-Bau schließlich stellt das Geschehen in einen globalen Kontext und beleuchtet internationale Folge- und Wechselwirkungen. Diese Nationalen Sonderausstellungen werden nur 2017 zu sehen sein. All ihren Besucherinnen und Besuchern wünsche ich anregende Begegnungen mit dem Erbe der Reformation.
Prof. Monika Grütters, MdB
Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin